Einleitung
Die geistige Leistung ist in unserer Gesellschaft ein hohes Gut. Sie bringt dem Urheber nicht nur Ehre und vielleicht auch Ruhm, sondern sie ist ein wertvolles Wirtschaftsgut, dessen Bedeutung in der Welt rasanter technischer Entwicklungen und dem Entstehen eines Wirtschaftsfaktors Kultur, der bereits mit dem Namen „Kulturindustrie“ belegt wird, ständig wächst. Das deutsche Recht sowie die Rechtsordnungen anderer Länder, das europäische Rechtssystem und viele internationale Abkommen tragen dem Rechnung und schützen das „geistige Eigentum“ des Erfinders bzw. Urhebers. Herkömmlicherweise wird zwischen technischen Erfindungen und anderen geistigen, insbesondere künstlerischen Schöpfungen unterschieden. Den Erfinder schützt das Patentgesetz, den Künstler das Urheberrechtsgesetz. Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Gesetze, die geistige Leistungen schützen, soweit sie wirtschaftlichen Wert besitzen, wie etwa das Geschmacksmustergesetz, das Markengesetz oder das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Für den Architekten bedeutsam ist in erster Linie das Urheberrecht, und das Urheberrechtsgesetz führt die Werke der Baukunst als besondere Form der bildenden Künste ausdrücklich als geschützte Werke auf. Der Architekt genießt daher grundsätzlich denselben Schutz wie der Schriftsteller, der Maler, der Komponist oder der Filmregisseur. Das Urheberrecht ist aber durchaus ein zweischneidiges Schwert, denn wenn bestimmte geistige Schöpfungen vom Urheber monopolisiert werden, dann kann dies nicht nur die Entwicklung neuer Stile hemmen, sondern auch die geistige Auseinandersetzung mit bestimmten Gestaltungslösungen etwa durch anerkennende oder auch karikierende Anspielung auf ein bestehendes bekanntes Werk. So wurde z.B. von Aldo Rossi bei seinem Entwurf des Gebäudes am Checkpoint Charlie in Berlin-Mitte der Palazzo Farnese zum Teil beinahe detailgetreu übernommen, wobei Rossi die Hofseite nach außen kehrte. Man wird Rossi deswegen wohl kaum des Plagiats bezichtigen. Nicht jeder Urheber schließlich ist interessiert daran, die Einzigartigkeit seiner Schöpfung in toto zu sichern. Wer wäre nicht stolz darauf, für eine Epoche stilbildend gewirkt zu haben? So kann es durchaus eine große Ehre sein, nachgeahmt zu werden – vorausgesetzt natürlich, die eigentliche Urheberschaft ist allgemein anerkannt.
Zu den übrigen vom Urheberrechtsgesetz geschützten Werken weist das Bauwerk einen entscheidenden Unterschied auf: Es ist nicht ohne weiteres vervielfältigbar. Ein Werk der Architektur bleibt insofern einmalig, als sein Standort sowie sein ganz konkreter Nutzungszweck Teil von ihm sind. Während man einen Roman tausendfach nachdrucken kann, weil zwar die Worte, nicht aber das einzelne Buch das „Werk“ sind, ist die Gefahr, dass ein anderer den wirtschaftlichen Nutzen aus einer fremden geistigen Leistung in der Architektur zieht, wenn auch nicht ausgeschlossen, so doch wesentlich geringer. Es bleibt die Möglichkeit der Veröffentlichung der Pläne sowie des Plagiats. Während ersteres kaum gewinnträchtig erscheint, ist es beim zweiteren nicht mit dem bloßen Durchpausen geschehen, so dass der „Entwurfsklau“ zwar ärgerlich sein kann, der direkte wirtschaftliche Schaden sich jedoch in der Regel in Grenzen hält – von Ausnahmen freilich abgesehen. Im allgemeinen wird daher das Interesse des Architekten mehr gegen das Verschweigen seiner Urheberschaft an einem Bauwerk gerichtet sein als gegen Nachahmung, zumal letzteres neben der Schwierigkeit, die Originalität der eigenen Schöpfung darzulegen, auch noch das Problem mit sich bringt, der fremden Leistung eben jene abzusprechen. Als Beispiel hierfür sei der Streit um die geistige Urheberschaft der gläsernen Kuppel des Berliner Reichstages zwischen Norman Foster und Santiago Calatrava genannt. Die meisten konkreten Konfliktfälle schließlich scheint es zwischen dem Architekten und dem Bauherrn oder dem späteren Eigentümer zu geben, wenn dieser die Entwurfspläne ändern oder später das Gebäude umbauen will. In der Praxis steht also die Sicherung des Werkes gegen Entstellungen gegenüber der Abwehr von Nachahmungen im Vordergrund.
Was ist urheberrechtlich geschützt?
Gleich zu Anfang sei folgendes klar gestellt: Obwohl das Urheberrecht das „geistige Eigentum“ schützt, besteht dieser Schutz nicht gegenüber Ideen oder Gedanken als solchen. Das Urheberrecht knüpft seine Schutzwirkung an das „Werk“, der Gedanke, die geistige Schöpfung unterfällt diesem Schutz erst, wenn sie konkrete Gestalt angenommen, wenn sie in einem Werk ihre Form und ihren Ausdruck gefunden hat. Werke der Baukunst sind in erster Linie natürlich Gebäude und andere Bauwerke wie etwa Brücken. Aber auch der Plan, der zwar auf dem Papier niedergelegt, aber nicht als Bauwerk realisiert wurde, genießt urheberrechtlichen Schutz, ja sogar die flüchtige Entwurfsskizze, sofern sie die Wesenszüge des Entwurfs erkennen läßt. Man hüte sich also davor, seine Ideen auszuplaudern, bevor man sie nicht schwarz auf weiß besitzt und getrost nach Hause tragen kann.
Für alle Werke gilt: Urheberrechtsschutz gibt es nur dort, wo eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt, also etwas Neues und Eigentümliches geschaffen wurde. Dabei können natürlich bereits vorhandene Elemente verwendet werden, denn Kunst entfaltet sich nicht im leeren Raum. Die Gesamtkomposition aber muss sich vom Vorangegangenen und Alltäglichen abheben. Verlangt wird von den Gerichten gemeinhin eine gewisse „Gestaltungshöhe“. Dieser Begriff liefert freilich keinen praktikablen Maßstab, sondern eher einen Suchauftrag nach Kriterien, die für oder gegen einen urheberrechtlichen Schutz sprechen. An gerichtlichen Versuchen, „Kunst“ zu definieren, mangelt es nicht, und zwar nicht nur im Bereich des Urheberrechts. Aber bis heute hat sich keiner dieser Versuche endgültig durchsetzen können. Einigkeit scheint vielmehr inzwischen darüber zu herrschen, dass sich Kunst gar nicht allgemeingültig definieren lasse. Man hat sich bisher nicht einmal endgültig darüber einigen können, ob die Auffassung des Normalbürgers oder die des Kunstsachverständigen die Ausschlag gebende ist. Dies enthebt den Richter aber nicht der Notwendigkeit, im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob Urheberrechtsschutz besteht oder nicht, ob also ein Werk ein Kunstwerk ist.
Die Gerichte neigen dazu, nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen. Geschützt wird daher nicht nur die große Kunst, sondern vielmehr auch die so genannte „kleine Münze“, also etwa der Schlager oder der Kriminalroman – auch wenn er nicht von Chandler stammt. Entscheidend bleibt die Originalität.
Was bedeutet dies für die Baukunst?
Was für den Architekten die Mutter der Künste und für den einen oder anderen Bauherrn die möglichst kostengünstige Lösung technischer Probleme ist, ist für den Juristen eben schwer zu beurteilen. Oftmals wird von den Gerichten als künstlerische Gestaltung das angesehen, was über die Lösung einer fachgebundenen technischen Aufgabe hinausgeht. Dass eine technische Problemlage zu einer bestimmten Gestaltungslösung geführt hat, schließt andererseits keineswegs aus, dass das Ergebnis eine gestalterische Höchstleistung ist. Die „Kunst“ besteht oftmals gerade darin, Schwierigkeiten positiv zu nutzen, Kreativität zeigt sich im Umgang mit Hindernissen. Gerade in der Architektur sind technische Lösungen oftmals gleichzeitig stilbildend geworden. Die Entdeckung einer neuen technischen Möglichkeit bestimmt die Ästhetik einer ganzen Epoche und umgekehrt. Die Abgrenzung gerade durch eine strikte Trennung zwischen Technik und Gestaltung vornehmen zu wollen, erscheint daher in der Architektur wenig angemessen. Dasselbe gilt für den Versuch, schöpferische Gestaltung von vornherein auszuschließen für Lösungen, die sich am Gebrauchszweck eines Gebäudes oder an der Umgebung orientieren. Denn beides im Entwurf zu berücksichtigen gehört zum Wesen von Architektur. Was bleibt, ist die mehr oder weniger intuitive Beurteilung, ob ein Bauwerk eine gewisse Eigentümlichkeit aufweist, also „aus der Masse der Alltagsarchitektur herausragt“. Exakte Kriterien werden sich hierfür kaum angeben lassen, so dass ein jeder, der ein Urheberrecht vor Gericht geltend macht, darauf angewiesen ist, dass er selbst bzw. sein Anwalt plausible Argumente für die Originalität seiner Schöpfung findet, die es dem Richter, auch wenn dieser kein Architekturkenner und –liebhaber ist, ermöglichen, den Vortrag nachzuvollziehen. Es müssen also im Streitfall Worte gefunden werden für das, was zur unmittelbaren Anschauung geschaffen wurde und seine eigentliche Wirkung im nichtverbalen Raum entfaltet. Auch die Bewertung eines Sachverständigen ist nicht immer möglich und auch nicht immer erfolgreich, wie der berühmte Fall „Louisenlund“ zeigt, in dem sich das Oberlandesgericht Schleswig, also das Gericht zweiter Instanz, über die Einschätzung des Sachverständigen freimütig hinwegsetzte und seine eigene Bewertung, das in Streit stehende Gebäude sei nichts weiter als ein Zweckbau und die gelungene Anpassung an die Umgebung sei Ursache, nicht aber Element der Gestaltung, das Gebäude damit kein Kunstwerk, für die Ausschlag gebende hielt.
Wer ist Urheber?
Urheber ist derjenige, der das Werk tatsächlich geschaffen hat. Dabei ist es gleichgültig, ob er dazu vom Bauherrn beauftragt worden ist oder für sein Werk Geld erhalten hat. Erhält also ein größeres Architekturbüro einen Auftrag, so steht das Urheberrecht an dem fertigen Werk nicht etwa allein dem Büroinhaber oder der GmbH zu – falls das Büro als solche organisiert ist –, sondern demjenigen, der den Plan tatsächlich entworfen hat, also etwa auch dem einzelnen Angestellten oder freien Mitarbeiter. Sind mehrere an der Entstehung beteiligt, so sind sie Miturheber. Es gehört deshalb zum guten Ton unter den Architekten, dass die Mitarbeiter, die nicht nur technische Arbeit geleistet haben, sondern maßgeblich am Entwurf beteiligt waren, später auch genannt werden. Die Berufsordnung für Architekten sieht eine solche Nennung auch vor (z.B. Ziff. 1.2.6 der Berufsordnung der Architektenkammer Berlin vom 2.12.1998).
Welche Rechte hat der Urheber?
Der Urheber hat im wesentlichen folgende Rechte: Er kann verlangen, dass sein Name im Zusammenhang mit seinem Werk genannt wird. Für den Architekten bedeutet dies die Nennung bei Weitergabe oder Veröffentlichung der Pläne, bei Veröffentlichung von Abbildungen des Gebäudes, sofern es sich nicht um eine einfache Straßenansicht handelt, sondern es bei der Abbildung gerade um das entsprechende Gebäude geht, und schließlich sogar Anbringung des Namens an dem Bauwerk selbst, wobei in Bezug auf Größe und Art des Namensschildes die Interessen des Eigentümers zu berücksichtigen sind. Der Urheber hat ferner das alleinige Recht, seine Leistung wirtschaftlich zu verwerten. Nur er darf also seinen Entwurf „verkaufen“, sei es in Form der Erstellung eines Gebäudes gegen Honorar, sei es durch Einreichung für einen Wettbewerb oder durch Veröffentlichung der Pläne gegen Entgelt. Um dem Urheber die Verwertung seines Werkes zu ermöglichen, gibt das Gesetz ihm sogar das Recht des Zugangs gegenüber dem Eigentümer. Der Architekt kann also z.B. verlangen, Zutritt zu dem von ihm geplanten Gebäude zu erhalten, um Fotoaufnahmen zu machen. Sodann kann der Urheber jede Nachahmung unterbinden, auch wenn sie nicht zu wirtschaftlichen Zwecken erfolgt. Das Plagiat ist schon deshalb immer Verletzung des Urheberrechts, weil jemand eine fremde Leistung als eigene ausgibt. Aber selbst der Nachbau oder die Veröffentlichung der Pläne unter Nennung des Urhebers hat zu unterbleiben, sofern der Urheber nicht sein Einverständnis erklärt hat. Der Urheber hat also eine ähnliche Position wie der Eigentümer einer Sache: Nur er bestimmt, was mit seinem Werk geschehen soll – mit einigen Ausnahmen wie etwa dem Bildzitat in einem wissenschaftlichen Werk.
Schließlich hat der Urheber das Recht, Bearbeitungen, Änderungen und Entstellungen seines Werkes zu unterbinden. Dieses Recht gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die berechtigten Interessen des Bauherrn bzw. Eigentümers, der das wirtschaftliche Risiko einer erfolgreichen Nutzung des Gebäudes trägt. Grundsätzlich sind zwei Konfliktvarianten denkbar: der Bauherr wünscht Änderungen an dem Plan für ein Gebäude, das noch nicht oder noch nicht ganz erstellt worden ist, oder der Eigentümer eines bereits fertig gestellten Gebäudes möchte Umbauten vornehmen etwa wegen einer Modernisierung oder Nutzungsänderung des Gebäudes.
Zunächst zu den Änderungswünschen des Bauherrn während der Bauphase: Hat sich der Bauherr einmal für einen Entwurf des Architekten entschieden, so ist vertraglich nur die Umsetzung dieses Entwurfs geschuldet. Der Bauherr kann dann nicht in jeder Planungs- und Bauphase wesentliche Änderungen der Planung verlangen, soweit er sich dies nicht vertraglich ausbedungen hat. Ferner hat der Architekt eine gewisse künstlerische Gestaltungsfreiheit, soweit er nicht bei Vertragsschluss eine bestimmte Gestaltung zugesagt hat. Diese Gestaltungsfreiheit ist umso größer, als der Bauherr die Möglichkeit hatte, sich vor Erteilung des Auftrages über die Auffassung und Handschrift des Architekten zu informieren.
Allerdings hat der Bauherr immer die Möglichkeit, den Vertrag mit dem Architekten zu kündigen, sofern er ihm den entgangenen Gewinn ersetzt, und einen anderen Architekten mit einer neuen Planung zu beauftragen. Urheberrechtlich ist dies irrelevant, sofern mit dem Bau noch nicht begonnen wurde und nicht wesentliche Grundzüge der ursprünglichen Planung einfach übernommen werden. Denn das Urheberrecht gewährt dem Architekten keinen Anspruch darauf, dass seine Pläne auch verwirklicht werden.
Es kommt aber immer wieder vor, dass der ursprünglich mit allen Leistungsphasen beauftragte Architekt seinen Entwurf nur teilweise umsetzen kann, etwa weil der Vertrag mit ihm während der Bauphase durch Kündigung der einen oder anderen Seite endet. Es stellt sich dann die Frage, ob der Bauherr bzw. der nachfolgend beauftragte Architekt den ursprünglichen Entwurf weiterverwenden darf und wenn ja, ob er gezwungen ist, sich vollständig an den Entwurf zu halten oder ob er gewisse Änderungen vornehmen kann. Um die Pläne überhaupt verwenden zu dürfen, muss der Bauherr ein Nutzungsrecht an ihnen haben. Ein solches gilt, wie bereits erwähnt, in der Regel als stillschweigend vereinbart, wenn der entwerfende Architekt den Auftrag hatte, den Bau auch zu Ende führen. Was allerdings mit dem Nutzungsrecht geschieht, wenn der Vertrag vorzeitig gekündigt wurde, ist unklar. Man wird aber den Bauherrn wohl kaum verpflichten können, den angefangenen Bau wieder abzureißen. Vielfach hat sich allerdings der Bauherr ein Nutzungsrecht auch für den Fall des Architektenwechsels vertraglich einräumen lassen. Steht dem Bauherrn ein Nutzungsrecht an dem Entwurf zu, so stellt sich die Frage, ob der ursprüngliche Entwurf abgeändert werden darf. Gegen Bearbeitungen, Veränderungen und Entstellungen eines urheberrechtlich geschützten Werkes schützen die §§ 14, 23 und 39 UrhG. Allerdings ist die Veränderung nicht strikt verboten. Vielmehr sind auch die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen. Eine Änderung wird wohl insbesondere zulässig sein, wenn der Vertrag mit dem zunächst beauftragten Architekten wegen Baukostenüberschreitung gekündigt wurde und die Änderungen Einsparungszwecken dienen. Aber auch wenn die vorgesehene Nutzungsart sich inzwischen als unwirtschaftlich erwiesen hat oder wenn die vorgesehenen Details nicht genehmigungsfähig sind, wird das Interesse des Bauherrn an einer Planänderung überwiegen. Abweichende gestalterische Vorlieben des Bauherrn als solche berechtigen dagegen in aller Regel nicht zur Umgestaltung. Allerdings kann der Architekt seine Zustimmung zu Veränderungen auch im voraus geben und viele Verträge sehen eine solche vorsorgliche Zustimmung vor. Auf das Recht, sich gegen Entstellungen des Werkes zu wehren, kann jedoch nicht insgesamt verzichtet werden.
Für Umbauten an einem bereits fertig gestellten Gebäude gilt grundsätzlich dasselbe. Die Interessen des Urhebers sind gegen die des Eigentümers an dem Umbau abzuwägen. In der Regel zulässig sind etwa Modernisierungsmaßnahmen, die das Gebäude auf den gegenwärtigen Komfortstandard bringen. Auch Nutzungsänderungen oder Erweiterungen können den Eigentümer zu Umbauten berechtigen.
Gegenüber demjenigen, der sein Recht verletzt hat, kann der Urheber zunächst Beseitigung der Verletzung verlangen. Dies bedeutet konkret: Derjenige, der ein urheberrechtlich geschütztes Gebäude ohne Einvernehmen mit dem Architekten umgebaut hat, ist auf Verlangen des Architekten verpflichtet, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, wenn er keine überwiegenden Interessen an dem Umbau geltend machen kann. Ferner muss der Name des Urhebers, soweit bislang nicht geschehen, nachträglich genannt werden. So kann etwa eine Zeitschrift, die in einem Artikel über ein bestimmtes Gebäude die Urheberschaft des Architekten verschwiegen oder – schlimmer noch – falsch angegeben hat, verpflichtet werden, in ihrer nächsten Ausgabe auf den Fehler hinzuweisen. Ist zu befürchten, dass der Urheberrechtsverletzer auch in Zukunft die Urheberschaft des Architekten ignoriert, dann kann dieser vorsorglich Unterlassung verlangen. Für den Fall, dass jemand das Werk des Urhebers ohne dessen Einverständnis verwertet hat, kann der Urheber entweder die Herausgabe des damit erzielten Gewinns oder – falls dem Verletzer ein Verschulden zur Last fällt – Schadensersatz verlangen. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich in der Regel nach der üblichen Lizenzgebühr, also danach, wie viel auf dem Markt für die Erlaubnis des Nachbaus oder sonstiger Verwertung zu erzielen gewesen wäre. Da bei Architekten der Entwurf und die Planung nach den Sätzen der HOAI vergütet werden, orientiert sich auch die Berechnung des Schadensersatzes für einen Nachbau an diesen, muss damit aber nicht übereinstimmen.
Wie kann sich der Urheber gegen Rechtsverletzungen wehren?
Bestimmte Fälle der Verletzung von Urheberrechten sind strafbar. Dazu zählt die Verwertung durch Vervielfältigung und Veröffentlichung des Werkes ohne Einverständnis des Urhebers sowie die echte Fälschung durch Anbringung eines anderen Namens auf dem Werk des Urhebers. In diesen Fällen kann sich der Urheber durch einen Strafantrag gegen die Rechtsverletzung zur Wehr setzen. Voraussetzung der Strafbarkeit ist allerdings, dass der Verletzer vorsätzlich gehandelt hat, also von der eigentlichen Urheberschaft wusste.
Wer sich gegen eine sonstige Urheberrechtsverletzung wehren will oder wer vor einem Strafantrag zurückschreckt, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich direkt an den Verletzer zu wenden und Beseitigung oder Unterlassung bzw. Schadensersatz zu verlangen und schließlich vor dem Zivilgericht Klage zu erheben – auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko. Wichtig ist, hierbei zu beachten, dass alle Ansprüche nach drei Jahren von dem Zeitpunkt an, an dem der Urheber sowohl die Verletzung kannte als auch denjenigen, der dafür haftet, verjähren und dann nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden können. Nach dreißig Jahren tritt Verjährung auch dann ein, wenn der Urheber überhaupt keine Kenntnis von der Verletzung erlangt hat. Wer also nach mehr als dreißig Jahren die Verschandelung eines seiner Werke entdeckt, kann hiergegen gerichtlich nichts mehr unternehmen. Es bleibt ihm aber selbstverständlich die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu mobilisieren und die Denkmalpflege einzuschalten, die dann tätig wird, wenn die Erhaltung eines Gebäudes im Originalzustand im öffentlichen Interesse liegt.
Möglichkeiten und Grenzen der Vertragsgestaltung
Das Urheberrecht ist als solches nicht übertragbar, man kann es also nicht wie eine Sache verkaufen oder verschenken. Es ist allerdings vererbbar, nach dem Tode des Schöpfers eines Werkes haben also die Erben alle Rechte, die dem Urheber selbst zustanden. 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt das Urheberrecht, das Werk wird also frei und kann von jedermann genutzt werden. Die Verwertung eines Urheberrechts erfolgt durch die Einräumung von Nutzungsrechten, durch die einem anderen die Veröffentlichung oder sonstige Verwendung des Werkes gestattet wird. Wenn jemand einen Architekten mit der Erstellung eines Gebäudes beauftragt, dann versteht es sich von selbst, dass er mit der Zahlung des Honorars auch das Nutzungsrecht am Entwurf erwirbt, er also nicht nochmals eine Lizenzgebühr dafür bezahlen muss, dass das Gebäude errichtet wird. Auch darf der Bauherr das Gebäude in der Regel wieder aufbauen, wenn es zerstört wird, ohne den Architekten nochmals hieran zu beteiligen. Nicht selbstverständlich ist allerdings, dass der Bauherr den Entwurf mehrmals verwendet, indem er mehrere Gebäude nach denselben Plänen bauen lässt. Will er dies, so muss er sich ein entsprechendes Nutzungsrecht im Vertrag einräumen lassen. Will er außerdem verhindern, dass der Architekt seinerseits den Entwurf erneut verwendet, so muss er sich im Vertrag ein ausschließliches Nutzungsrecht ausbedingen. Andernfalls bleibt der Architekt, der ja weiterhin Inhaber des Urheberrechts ist, befugt, sein Werk weiter zu verwerten, wie er möchte, sofern er nicht das berechtigte Interesse des Bauherrn verletzt, indem er z.B. ein nahezu identisches Gebäude in der Nachbarschaft errichtet. Ist ein Architekt nur mit der Vorplanung beauftragt, so liegt darin nach bisheriger Rechtsprechung keine stillschweigende Übertragung des Nutzungsrechts. Der Bundesgerichtshof sieht den Zweck eines Vorentwurfs vielmehr darin, dass der Bauherr seine Bauabsichten überprüfen kann. Das bedeutet, dass der Bauherr sich das Nutzungsrecht vertraglich sichern muss, wenn er das Gebäude ohne den Architekten, von dem der Entwurf stammt, errichten lassen will. Allerdings sehen die Verträge, die den Architekten von größeren Bauunternehmen oder der öffentlichen Hand angeboten werden, oftmals eine weitgehende Übertragung des Nutzungsrechts vor, wobei die Wirksamkeit solcher Vertragsklauseln nicht über jeden Zweifel erhaben ist.
Wie bereits erwähnt, steht dem Architekten das Urheberrecht an seinem Werk auch dann zu, wenn er seine Leistung als Angestellter eines Architekturbüros oder eines Bauunternehmens erbringt. Allerdings geht man davon aus, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die Verwertung seiner Arbeit, für die er ja bezahlt wird, gestatten muss. Mit dem Arbeitsvertrag gilt daher grundsätzlich auch die Einräumung des Nutzungsrechts an Werken als stillschweigend vereinbart und vergütet, die der Angestellte als Arbeitsleistung erbringt. Damit steht allerdings noch nicht der Umfang der Einräumung von Nutzungsrechten fest. Da Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem Treueverhältnis zueinander stehen, ist der Angestellte in einem gewissen Umfang verpflichtet, dem Arbeitgeber weitere Nutzungsrechte einzuräumen, wenn dies für den Betrieb erforderlich ist. Büros, die mehrere Architekten beschäftigen, zumal wenn diese nicht angestellt, sondern freie Mitarbeiter sind, sei jedoch dringend angeraten, sich vertraglich ausschließliche Nutzungsrechte an allen Arbeiten einräumen zu lassen, um keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen zu lassen.
Grundsätzlich unübertragbar und unverzichtbar sind die so genannten Urheberpersönlichkeitsrechte. Dazu gehört das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft. Grenzen der Vertragsgestaltung setzt nicht nur das Urheberrechtsgesetz selbst, sondern auch das allgemeine Zivilrecht, das sitten- und treuwidrige Verträge verbietet. Der Anwendungsbereich dürfte in der Praxis jedoch gering sein. Von größerer Bedeutung ist aber das Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG), das demjenigen Grenzen setzt, der vorformulierte Vertragstexte verwendet. Dieses Gesetz gehört zu den Verbraucherschutzgesetzen und hat den Sinn, den einzelnen bei Vertragsschlüssen vor dem berühmten Kleingedruckten zu bewahren. Es schränkt daher die Vertragsfreiheit zu Lasten desjenigen ein, der seinem Vertragspartner die Vertragsbedingungen einseitig vorgibt, und zwar unabhängig davon, ob die Vertragsmuster von ihm selbst oder etwa einem Verband stammen. Anhand des AGBG wurden z.B. auch Klauseln des von der Bundesarchitektenkammer entworfenen Einheits-Architektenvertrages 1994 vom Bundesgerichtshof beanstandet, so dass derjenige Architekt, der dieses Muster unverändert verwendet, Gefahr läuft, dass Vereinbarungen zu seinen Gunsten, auf die er sich verlässt, unwirksam sind. Der Architekt ist also im Hinblick auf das AGBG in der Pflicht, wenn er selbst dem Bauherrn seine Bedingungen durch ein Vertragsmuster diktiert, er ist andererseits der geschützte Vertragsteil, wenn ihm von einem wirtschaftlich Stärkeren, also etwa von einem größeren Architektur- oder Ingenieurbüro, von einem Bauträger oder auch von der öffentlichen Hand die Vertragsbedingungen vorgegeben werden. Das AGBG schützt ganz allgemein vor „unangemessener Benachteiligung“, so dass es schwierig ist, eindeutig unwirksame Klauseln zu benennen, weil die Gerichte hier einen erheblichen Wertungsspielraum haben. Es dürfte aber z.B. unangemessen sein, wenn sich der Bauherr formularmäßig ein ausschließliches Nutzungsrecht an den Plänen einräumen lässt, falls dieses nicht auch extra vergütet wird. Auch eine Klausel, die es dem Bauherrn ermöglicht, einen Vorentwurf durch einen anderen Architekten realisieren zu lassen, ohne dass dem Urheber eine Lizenzgebühr vergütet wird, erscheint bedenklich. Ferner ist die pauschale Einwilligung in Entstellungen des Werkes wohl in der Regel unwirksam. Es ist jedoch immer der Einzelfall Ausschlag gebend. Aus dem Wesen und Zweck des konkreten Vertrages, insbesondere auch bei Unterbeauftragungen, können sich Abweichungen ergeben.
Wettbewerbsrechtlicher Schutz von Plänen, die nicht urheberrechtlich geschützt sind
Auch wenn ein Entwurf nicht die ausreichende „Gestaltungshöhe“ besitzt, um unter das Urheberrechtsgesetz zu fallen, so muss sich ein Architekt nicht jede Ausbeutung seiner Leistung gefallen lassen. Besonders ärgerlich sind etwa die Fälle, in denen im Rahmen von Vertragsverhandlungen bereits Entwürfe gefertigt werden, die der potentielle Auftraggeber, der inzwischen den Auftrag an einen anderen – im Zweifel billigeren – Kollegen vergeben hat, schon mal als Grundlage für den geplanten Bau verwendet. Gegen solcherlei „Vorlagenfreibeuterei“ schützt z.B. das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ausdrücklich in § 18, der bestimmt, dass die unbefugte Verwertung von Vorlagen inklusive Zeichnungen und Modellen zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz verboten und sogar strafbar ist. Darüber hinaus fällt ein solches Vorgehen auch unter § 1 UWG, der jegliche sittenwidrige Wettbewerbshandlung untersagt.
Zusammenfassung
Dort, wo Urheberrechtsschutz besteht und zum Teil darüber hinaus, ist die rechtliche Situation des Architekten nach dem Gesetz grundsätzlich gut. Er kann sich gegen Plagiate und gegen Entstellungen seines Werkes sowie gegen die Ausbeutung seines Entwurfes wehren. Allerdings muss dieses Recht im Streitfalle erst durchgesetzt werden, wovor viele Architekten wegen des Kostenrisikos zurückschrecken. Das größte Problem für den Architekten liegt schließlich darin, dass ihm oftmals Vertragsbedingungen, die die gesetzlichen Regelungen zu seinen Ungunsten verändern, von den Bauherrn vorgegeben werden. Es empfiehlt sich grundsätzlich, solche Vertragsformulare anwaltlich überprüfen zu lassen. Nicht alle Änderungswünsche des Architekten an dem Vertrag werden sich allerdings gegenüber dem in der Regel wirtschaftlich stärkeren Bauherrn durchsetzen lassen. Dennoch lohnt sich in vielen Fällen ein Nachverhandeln.
(Dieser Aufsatz ist erschienen in der Bauwelt 1999, Seite 2036 ff.)
Hier können Sie sich den Aufsatz als Pdf ausdrucken: Urheberrechtsschutz_des_Architekten