Vermeidung von Erbschaftssteuer beim Berliner Testament

Das Berliner Testament ist ein von Eheleuten gern genutztes Instrument, um sich gegenseitig auch für die Zeit nach dem Tode eines Ehegatten die Lebensgrundlage voll zu sichern. Die Kinder sind bei dieser Lösung im Allgemeinen vom ersten Erbfall ganz ausgeschlossen und erben erst nach dem Tode des zuletzt Versterbenden. Damit die Kinder den Willen der Eltern auch respektieren, sollen sie regelmäßig auch nach dem zuletzt Versterbenden nur den Pflichtteil bekommen, wenn sie beim ersten Erbfall den Pflichtteil verlangen.

So sehr aber dem überlebenden Ehegatten mit dieser Art von Testament gedient ist, so nachteilig wirkt sich das Berliner Testament insbesondere nach dem seit 01.01.1996 geltenden Erbschaftssteuerrecht auf die Erbschaftssteuerbelastung der Nacherben aus. Denn seither gelten zwar höhere Freibeträge, allerdings werden diese sehr schnell aufgebraucht, weil Immobilien nicht mehr nach den günstigen Einheitswerten bewertet werden, sondern nach wesentlich höheren Werten.

Folgendes Beispiel soll die Erbschaftssteuerbelastung des Berliner Testaments deutlich machen: Die Eheleute M und F, jeweils mit einem Privatvermögen von 400.000,00 DM leben in Zugewinngemeinschaft. Ein rechnerischer Zugewinn ergäbe sich nicht. Die Eheleute haben sich in einem Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben und ihr einziges Kind, 40 Jahre alt, als Erben des zuletzt versterbenden Ehegatten eingesetzt. M stirbt Anfang 1996, F stirbt bei gleichgebliebenem Gesamtvermögen 10 Jahre später und wird von K allein beerbt.

Wenn F die Alleinerbschaft nach M annimmt und K keinen Pflichtteil verlangt, dann ergibt sich wegen des Freibetrages von 600.000,00 DM für Ehegatten keine Erbschaftssteuer für F. Beim Tod von F erbt K das Gesamtvermögen von 800.000,00 DM. Sein Freibetrag beträgt 400.000,00 DM. Den verbleibenden Betrag von 400.000,00 DM muss K mit 11 % versteuern. K bezahlt somit 44.000,00 DM Erbschaftssteuer.

Macht K beim Tode des M allerdings seinen Pflichtteil geltend, dann sieht die Sache so aus: F bezahlt wegen des Freibetrages von 600.000,00 DM keine Erbschaftssteuer. K erhält den Pflichtteil von der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, also von einem Viertel. Das sind 150.000,00 DM. Wegen des Freibetrages von 400.000,00 DM bezahlt K keine Erbschaftssteuer. Beim Tode der F erhält K die nach Auszahlung seines Pflichtteils verbliebenen 650.000,00 DM. Hiervon gehen wiederum der Freibetrag von 400.000,00 DM ab. Aus 250.000,00 DM muss K 11 % Erbschaftssteuer bezahlen, das sind 27.500,00 DM.

Die Erbschaftssteuerbelastung des K könnte F folgendermaßen verhindern: Sie schlägt ihre Alleinerbschaft nach M aus und erhält dafür von K als Ersatzerben eine Abfindung in Form eines Nießbrauches am Nachlass des M. Die Abfindung ist wegen des Freibetrages von 600.000,00 DM erbschaftssteuerfrei. Infolge der Ausschlagung erhält K beim Tode des M 400.000,00 DM. Wegen des Freibetrages in dieser Höhe ist das Erbe erbschaftssteuerfrei. Gleiches gilt beim Tode der F. Es entsteht also keine Erbschaftssteuer.

Wie die Beispiele zeigen, hat das Berliner Testament aufgrund der Erbschaftssteuerreform schon bei mittleren Vermögen eine wesentlich schärfere Erbschaftssteuerbelastung zur Folge. Eine steuerliche Gestaltung ist daher geboten. Auch nach dem ersten Todesfall kann mittels Ausschlagung des Erbes gegen Bezahlung einer Abfindung das Vermögen gesichert und gleichzeitig die Erbschaftssteuer verhindert, in jedem Falle aber verringert werden. Sie setzt allerdings ein Einvernehmen der Beteiligten voraus.

Aber auch schon lange vor dem Erbfall können Ehegatten an die spätere Erbschaftssteuerbelastung ihrer Kinder denken und etwa Immobilien gegen Gewährung eines Nießbrauches auf die nächste Generationen übertragen.

(Stand: Oktober 1999)

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